Gesetze sind selten einfach und verständlich, in Deutschland sagt man das über die Steuergesetzgebung, aber aufs Waffenrecht trifft es auch zu. Die Auseinandersetzung mit rechtlichen Sachverhalten ist die berufliche Domäne von Volljuristen, aber jeder Bürger sollte sich zumindest grundlegend mit den Normen beschäftigen, die sich auf seinen Alltag auswirken.
Ein Legalwaffenbesitzer in Nordrhein-Westfalen, mutmaßlich Jäger, wurde während einer Urlaubsabwesenheit Opfer eines Einbruchs. dabei kamen unter anderem zwei Kurzwaffen abhanden.
Mit den rechtlichen Folgen durfte sich die Justiz beschäftigen, das betraf Fragen der Aufbewahrung und den Auswirkungen auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Die Entscheidung des OVG NRW vom 30.08.2023 mit dem Aktenzeichen 20 A 2384/20 können Sie nun im Original vollständig lesen.
Schlüssel zu zugelassenen Tresoren seien selbst in einem Schlüsselschrank zu verwahren, der einen mindestens gleichwertigen Widerstandsgrad wie der eigentliche Tresor aufweist! Was zum Teu...???
Die Entscheidung hat ein großes Echo in der Legalwaffenszene hevorgerufen. Von Jagdzeitschriften bis hin zu YouTubern haben die Neuigkeiten leidenschaftlich kommentiert. Wichtig ist allerdings eine fachlich qualifizierte Bewertung.
Eine solche Kommentierung liegt jetzt von der Sozietät Amian Rechtsanwälte aus Aachen vor. Herr RA Georg Amian bestätigt in einem lesenswerten Blogartikel dass die Entscheidung unter Fachleuten für Verwunderung sorgt, da sie einer rechtlichen Grundlage entbehrt. So weit, so gut?
Leider nein! Denn auf Basis dieser Entscheidung haben erste Waffenbehörden, landauf, landab, den Waffenbesitzern in ihrem Zuständigkeitsbereich entsprechende "Merkblätter" zugeschickt. So zum Beispiel auch eine Kleinstadt westlich von Stuttgart. Ein Exemplar dieses Schreibens liegt mir vor.
Und hier beginnt das Problem: Erhalten Sie von Ihrer Waffenbehörde ebenfalls ein derartiges "Merkblatt" und werden dann irgendwann danach zu einer Aufbewahrungskontrolle besucht, dann besteht die Möglichkeit, dass Ihnen die Behörde die Zuverlässigkeit entzieht, wenn Sie die genannten Kriterien nicht erfüllen.
Gut, mag manch einer sagen, dagegen kann man Rechtsmittel einlegen. Und solange ein Rechtsstreit anhängig ist, hätte dieser ja aufschiebende Wirkung auf die Verfügung!? Leider nein, so RA Amian, denn mit der Begründung auf ein "überwiegendes öffentliches Interesse" ist die aufschiebende Wirkung dahin!
Das heißt, Zuverlässigkeit weg, Waffen weg! Und das streitige Verfahren an sich kann Monate bis Jahre dauern. Das kostet viel Zeit, viel Ärger, viel Geld. Daher der Rat des Anwalts, die aus der NRW-Entscheidung abgeleitete "To Do", wie sie in den Merkblättern zitiert werden, schnellstmöglich umzusetzen. Und das nicht morgen, sonder heute... besser noch gestern.
Wie waren die Optionen nochmal?
- Kauf eines neuen Waffentresors mit Codeschloss/Elektronikschloss
- Umbau des bestehenden Waffenschranks auf ein Zahlenschloss
- Kauf eines kleinen Tresors mit Elektronikschloss für die Verwahrung des Schlüssels
Das bedeutet quasi, der Urlaub 2024 wird gestrichen, das Geld wird für einen neuen Tresor benötigt.
Ein ganz kleiner Lichtblick bleibt: Nach Ansicht von RA Amian reicht bei Betroffenen mit bestehendem Bestandsschutz nach § 36 Abs. 4 WaffG (z.B. alte A-, B-, bzw. A/B-Schränke) ein Schlüsseltresor der Sicherheitsstufe B aus.
Bleibt trotz alledem zuversichtlich! Bis demnächst!
Marcus v/o WaffAusb.de
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